Wie Sie in 30 Minuten ein Outline für Ihren Roman schreiben, Teil 4
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Alle sieben Teile dieser Serie auf einen Blick:
Im ersten, zweiten und dritten Teil dieser Artikel-Serie stellten wir unser Outline fast fertig. Nebenbei lernten wir ein wenig Theorie kennen, die wir sofort vergessen durften. Schließlich zeigte ich Ihnen die wichtigsten Regeln des Iterativen Outlinings.
Heute geht es um die Wünsche und Bedürfnisse Ihrer Protagonisten und warum Sie für Ihre Geschichte so wichtig sind.
Wünsche und Bedürfnisse
Kennen Sie den Unterschied zwischen Ihren Wünschen und Ihren Bedürfnissen?
- Sie wünschen sich einen gut bezahlten Job. Ihr Bedürfnis ist aber die Sicherheit, die Sie sich von diesem Job erhoffen.
- Sie wünschen sich eine teure Spitzenunterwäsche. Ihr Bedürfnis ist es aber, sich wieder sexy zu fühlen.
- Sie wünschen sich einen schnellen Sportwagen. Ihr Bedürfnis ist es, jedem da draußen zu zeigen, wie weit Sie es gebracht haben.
Ein Exkurs für meine männlichen Leser: Wir, also Frauen, kaufen und ziehen uns sexy Unterwäsche nicht für Euch an. Wir tun es für uns. Auch wenn wir darüber einen Sack tragen: Alleine die Vorstellung, wie sündhaft teuer das Stückchen Spitze darunter war, lässt uns königlich strahlen.
Ein Exkurs für meine Leserinnen: Nur, weil ein Mann schnelle Autos fährt, heißt es noch lange nicht, dass er an Komplexen leidet. Vielleicht gefällt ihm ja auch nur das Emblem auf der Kühlerhaube.
Wenn Sie noch mehr Beispiele für Wünsche und die ihnen zugrunde liegenden Bedürfnisse benötigen, schalten Sie mal (ausnahmsweise) Ihren Fernsehapparat ein und quälen Sie sich durch die Werbung. Die Marketing-Leute sind darauf trainiert, unsere Wünsche zu wecken, indem sie unsere Bedürfnisse kitzeln.
Was hat das nun mit Ihrer Geschichte zu tun? Vieles. Alles. Den Ihre Geschichte, wie fast jede andere Geschichte, abgesehen wohl von den simpelsten Action-Streifen, handelt von den Wünschen und den Bedürfnissen Ihrer Protagonisten.
Warum ist es wichtig, zwischen den beiden zu unterscheiden? Weil der Bruch dazwischen einen Teil des Konflikts Ihrer Geschichte ausmacht.
Betrachten wir unser bisheriges Outline: Am Anfang ist es der sehnlichste Wunsch unserer Protagonistin, irgendjemanden zu heiraten, um ihrer Alltagshölle zu entkommen. Am Ende begreift sie, dass ihr wahres Bedürfnis nicht nach einem Leben ohne Sklaverei, sondern nach Liebe war.
Überspitzt gesagt, hätte ihre Stiefmutter sie liebevoll(er) behandelt, und sei es nur ab und zu, wäre unsere Protagonistin mit Freuden bis an ihr Lebensende ihre Sklavin geblieben.
Was haben Wünsche und Bedürfnisse mit dem Iterativen Outlining zu tun?
Ich weiß, ich versprach keine Theorie. Wie Sie sehen, sind Sie auch ohne Theorie sehr weit gekommen. Dennoch, erzähle ich Ihnen hier noch ein wenig davon (hauptsächlich um mit meiner Methode anzugeben, aber psst! verraten Sie es nicht weiter).
Warum ist es wichtig, zwischen den Wünschen Ihres Protagonisten und seinen Bedürfnissen zu unterscheiden? Weil diese direkt mit den obligatorischen Punkten zusammen hängen, die ich weiter oben bereits erwähnte.
Was passierte am Ende des ersten Viertels unserer Geschichte (also am Ende des ersten Aktes, auch als erster Plot Point oder Point of no return bekannt)? Unsere Protagonistin wurde sich ihrer Wünsche bewusst. In dem Moment, wo die Stiefmutter ihr den Weg aus der Sklaverei für immer genommen hatte, wurde sich unsere Protagonistin der Tatsache bewusst, dass sie unbedingt heiraten wollte.
Was passierte in der Mitte unserer Geschichte? Unsere Protagonistin beschloss aktiv zu werden, um ihre Wünsche doch noch zu erreichen.
Was passierte am Ende des dritten Viertels (auch als Ende des zweiten Aktes oder der zweite Plot Point bekannt)? Unsere Protagonistin, die so lange ihren Wünschen nachjagte, erkannte, was ihre Bedürfnisse sind, was sie schon immer waren — die Liebe.
Was passiert am Ende der Geschichte? Wie es aussieht, werden sich die Bedürfnisse der Protagonistin erfüllen (sie findet ihre Liebe). Womit sie ihre Entwicklung beendet hat. Da wir vom Prinzen reden, könnte es sogar sein, dass ihre Wünsche ebenfalls in Erfüllung gegangen sind (gemeinhin gelten die Prinzen als reich, womit ja der materielle Aspekt erfüllt wäre, dem unsere Protagonistin von Anfang an hinterher jagte).
Die Wünsche und Bedürfnisse Ihrer Protagonisten oder eher deren Erfüllung haben indirekt auch einen Einfluss auf das Genre, dem Ihre Geschichte zugeordnet werden kann:
- Wenn sich sowohl die Bedürfnisse als auch die Wünsche des Protagonisten erfüllen, haben wir es häufig mit einem klebrig-süßem Ende eines Märchens zu tun.
- In dem eher oberflächlichen Genre der Chick-Lit erfüllen sich meistens die Wünsche, wobei die Bedürfnisse eher keine Rolle spielen.
- Erfüllen sich nur die Bedürfnisse, während die Wünsche auf der Strecke bleiben, haben wir es häufig mit einem bitter-süßem Ende eines Romans zu tun, der uns häufig noch lange beschäftigt, nachdem wir das Buch fertig gelesen haben.
- Erfüllen sich weder die Bedürfnisse noch die Wünsche … Ich fürchte, dann haben Sie Ihren Leser für immer verloren.
Jedes Ende hat seine Daseinsberechtigung. Nur sollten Sie um dessen Implikationen für Ihre Geschichte wissen und es bewusst in Ihrer Geschichte einsetzen.
K.M.Weiland hat in ihrem Artikel den Zusammenhang zwischen dem Thema, dem Plot und dem Character Arc sehr knapp zusammen gefasst:
- Die Bedürfnisse des Charakters stellen sein Thema dar.
- Die Wünsche des Charakters repräsentieren den Plot.
- Der Konflikt zwischen den Bedürfnissen und den Wünschen entspricht dem Character Arc
Potential einer Geschichte mit Flash Fiction testen
Nach nicht einmal einer Viertelstunde, von einer vagen Idee ausgehend, ohne sich mit der Theorie herum schlagen zu müssen, halten wir nun einen so weit ausgearbeiteten Plot, dass wir uns an eine Flash Fiction heranwagen können.
Die durchschnittlich 750 bis 1500 Wörter (Angaben variieren je nach Quelle) bieten nicht viel Platz für die vollständige und ausführliche Beschreibung der Entwicklung eines Protagonisten. Deshalb reicht unser fünfteilige Plan vollkommen aus, um uns an die Arbeit zu machen.
Irgendwie scheint das Leben aus Iterationen zu bestehen.
- Der Winter wird zu Frühling wird zu Sommer wird zu Herbst wird zu Winter …
- Eine Geschichte beginnen wir mit einem Anfang und einem Ende, dazwischen Mitte, daraus ein neuer Anfang, ein neues Ende, eine neue Mitte, daraus ein …
- Flash Fiction wird Kurzgeschichte wird Roman wird Serie …
Ausblick
Bleiben Sie dran, wenn Sie:
- Mehr über die letzte Iteration erfahren wollen
- Ein fertiges Outline zu unserer Geschichte sehen wollen
- Sehen wollen, wie leicht Sie das fertige Outline abwandeln können
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