Wie schreibt man eine perfekte Szene (zu einem perfekten Buch) ?
skip to Article →Kennen Sie das, Sie sitzen an Ihrem Rohentwurf (so wie ich), schieben die Wörter hin und her (so wie ich), haben nach ca. drei Viertel des Buches bereits ein Sechstel der Wörter zusammengestrichen (so wie ich) und fragen sich, was ist eigentlich eine perfekte Szene?
Und wissen Sie, was mir schon seit Langem im Kopf herumspuckt? Im Endeffekt ist eine perfekte Szene ein Geschichte an sich.
Oder anders gesagt, wenn ich eine Szene aus dem ganzen Buch herausnehme und sie für sich alleine lese, sollte sie eine in sich geschlossene Geschichte ergeben. Der eine oder andere Cliffhanger ist erlaubt, ja sogar erwünscht, denn sie sind die Verbinder zwischen den Szenen. Gäbe es sie nicht, würde ein Roman in mehrere episodenhafte Geschichten zerfallen.
Daraus folgt für mich, dass auf die Struktur einer Szene dieselben Anforderungen zutreffen wie auf die Struktur der gesamten Geschichte.
- Wie ihre große Schwester sollte eine Szene Aufhänger am Anfang und am Ende haben (und auch zwischendrin, Sie wollen doch, dass Ihre Leser Ihr Buch nicht aus der Hand legen kann).
- Wie ihre große Schwester sollte sie mindestens einen Konflikt beinhalten.
- Ebenso sollte eine Szene die Beteiligten in einem veränderten Zustand hinterlassen.
- Ebenso sollte eine Szene alle Beteiligten und den Setting im ersten Viertel einführen, damit die Leser orientiert sind.
- Ebenso sollte eine Szene in einem Climax gipfeln.
- Ebenso sollte sie alle Sinne berühren (oder zumindest einige davon).
- Ebenso (hier bitte alle anderen Punkte anführen, die für eine Geschichte gelten)
Was ist dann der Unterschied zwischen einer Szene und einer vollständigen Story (Roman)? Ganz einfach: Eine Szene beschreibt nur einen (ein wenig gedehnten) Moment im Leben der Protagonisten, sie greift nur ein Ereignis daraus heraus. Dagegen beschreibt ein Roman mehrere Ereignisse.
Tja, und wenn ich beachte, dass die Szene nur ein Ereignis im Leben des Protagonisten herausgreift (wobei es sich nicht zwangsläufig um den Protagonisten des gesamten Buches handeln muss), ansonsten aber eine in sich geschlossene Geschichte abliefert, tja, dann weiß doch jeder, was eine Szene ist: eine Kurzgeschichte.
Also ist eine perfekte Szene eine perfekte Kurzgeschichte. Ok, da die meisten Szenen wohl eher eine Länge von 1.000 bis 1.500 Wörter haben dürften, handelt es sich genau genommen um eine Flash Fiction. Übrigens, es gibt auch Szenen, die aus einem einzigen Satz bestehen. Der sollte es dann aber in sich haben. Im Prinzip sollte er alles haben, was die Szene ausmacht. Ich überlasse es Ihnen zur freiwilligen Übung, solch eine Szene zu schreiben. Und denken Sie an den Aufhänger sowie an das Setting.
Wie schreibt man also eine perfekte Szene? Indem man eine perfekte Kurzgeschichte schreibt.
Wie schreibt man einen perfekten Roman? Indem man mehrere perfekte (zueinander passende!) Kurzgeschichten schreibt, sie zusammen packt und als eine einzige Geschichte verkauft. Der Leser wird es schon nicht merken.
Ok, ganz so einfach ist das vielleicht doch nicht. Ich meine, das mit dem perfekten Roman schreiben. Aber ansonsten …
In dem Sinne, haben Sie heute schon eine perfekte Kurzgeschichte, ehm, Szene, geschrieben?
Ihre Mira
P.S.: Das mit der Perfektion sollten Sie nicht ganz ernst nehmen. Sie wissen schon, done is better than perfect.
P.S.: Sie denken, meine Erkenntnisse sind Allgemeinplätze, jedes Buch besteht aus Szenen, man braucht sie nur aneinander zu reihen? Nun denn, auch Everest besteigen Sie ja auch nicht anders wie einen Ameisehaufen in Ihrem Garten: Sie machen den ersten Schritt. Und dann eine gefühlte Million weiterer. Viel Spaß ;)
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